25.04.18

BLOG: Die Erfahrungen nordischer Spieler in den höchsten europäischen Ligen

Artikel von Andy Cooper

Zum ersten Mal in der Geschichte des Wettbewerbs werden drei nordeuropäische Nationen an der Weltmeisterschaft teilnehmen.

Schweden und Dänemark haben sich beide über die Play-offs qualifiziert und dabei Italien bzw. Irland ausgeschaltet. Dazu kommt Island, das erstmals bei der Weltmeisterschaft antritt und als Sieger in einer Gruppe mit Kroatien, der Ukraine und der Türkei hervorging – ein Beweis, dass das Viertelfinale bei der Euro 2016 kein Einzelfall war.

Die Qualifikation stellt eine beeindruckende Kehrtwende dar, nachdem die nordischen Seniorenmannschaften auf internationaler Ebene wenig Glück hatten – für die Weltmeisterschaft 2014 konnte sich keine einzige Mannschaft qualifizieren.

Dänemarks Glücksbringer in der Qualifikation war Christian Eriksen, der während dieser Phase elf Tore erzielte, darunter ein Hattrick im Rückspiel der Play-offs. In den vier Jahren seit der letzten Weltmeisterschaft trat er mehr als 140 Mal in der englischen Premier League und zwölf Mal in der  UEFA Champions League an, wobei er 36 Tore erzielte.

Eriksens Spielerfahrung ließ uns darüber nachdenken, wie wichtig es für Nationalspieler ist, regelmäßig in den wichtigsten Wettbewerben anzutreten. Haben zuletzt mehr nordische Spieler in den wichtigsten europäischen Ligen gespielt? Und falls dies der Fall ist: Bedeutete diese auch eine verbesserte Leistung Ihrer Nationalmannschaften?

Mithilfe von wichtigen Antrittsdaten, die wir in unserer weltweiten ISF-Datenbank gefunden haben, haben wir uns Spieler aus fünf Nationen angeschaut: Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden. Wir wollten sehen, ob es in der vergangenen Dekade signifikante Änderungen bei der Anzahl der Spieler aus diesen Ländern in der obersten Etage des Fußballs gab.

Wir haben uns vier verschiedene Saison-Daten angeschaut: für 2004/5, 2008/9, 2012/13 und 2016/17 und darüber hinaus die Daten für 2005, 2009, 2013 und 2017 für Sommerwettbewerbe, um festzustellen, ob es in diesen Vier-Jahres-Zyklen entscheidende Änderungen gab.

Hier eine Zusammenfassung unserer wichtigsten Erkenntnisse:

Spiele Zuhause und in der nordischen Region

Bevor wir uns die Situation in den führenden europäischen Ligen ansehen, haben wir uns angeschaut, inwiefern sich die Zahl der nordischen Spielern in ihren eigenen Ligen in den vergangenen Jahren geändert hat.

Seit 2005 haben vier dieser Länder ihre obersten Ligen um jeweils zwei Mannschaften vergrößert, während ein Land – Finnland – die Anzahl der Mannschaften um zwei reduziert hat.

Man könnte sich vorstellen, dass in den meisten Fällen eine erhöhte Anzahl an Mannschaften  zu mehr Spielzeit führen würde. In der Realität ist die Situation aber in jedem Land anders.

In Schweden stieg die Anzahl der Spielminuten schwedischer Spieler zwischen 2005 und 2009 stark an, seither gab es aber einen leichten Rückgang. In Dänemark wiederum gab es während der vergangenen zwei Zyklen einen konstanten Anstieg bei den Spielminuten dänischer Spieler. In Norwegen blieb die Zahl relativ stabil.

Weit Besorgnis erregender sind Finnland und Island: Hier gab es in den vergangenen vier Jahren einen starken Rückgang bei den Spielminuten eigener Spieler in den höchsten einheimischen Ligen. Dies deutet an, dass es in dieser Zeit an Anstieg bei der Zahl von ausländischen Spielern gab.

Wir haben uns aber nicht nur angeschaut, wie viele Minuten nordische Spieler in ihren “eigenen” Ligen gespielt haben, sondern auch, wie viele von ihnen im Ausland in anderen höchsten nordischen Ligen zum Einsatz kamen.

In Schweden kommen nicht nur die meisten einheimischen Spieler in ihrer eigenen Liga zum Einsatz, Schweden ist auch der größte Exporteur von Spielern in der Region. Das Land führt die Rangliste während des gesamten Zwölf-Jahres-Zyklus an. Es gab zwar einen starken Rückgang zwischen 2009 und 2013, aber im Vorjahr wurde wieder das frühere Level erreicht.

Seit 2005 hat sich die Zahl der Spieler aus Dänemark deutlich erhöht. Ursprünglich waren nur 14 Spieler in anderen Ligen vertreten, aber die Zahl stieg auf 43 im Vorjahr an. Für Island gab es ebenfalls einen deutlichen Anstieg, für Finnland einen leichten Anstieg. Bei Norwegen blieben die Zahlen während der gesamten Periode auf einem Level.

Antritte in anderen wichtigen europäischen Ligen

Wenn wir uns die Anzahl an Spielern und Antritten in den sechs wichtigen europäischen Ligen Premier League, La Liga, Ligue 1, Bundesliga, Serie A und Eredivisie anschauen, können wir sehen, dass es im jüngsten Zyklus einen deutlichen Anstieg an Spielern aus Schweden in diesen Wettbewerben gab. Einen ähnlichen Anstieg gab es auch für norwegische Spieler, wo die Zahl um ein Drittel nach oben ging.

Am anderen Ende der Tabelle befindet sich Finnland. Hier gab es einen stetigen Rückgang bei der Zahl der finnischen Spieler in diesen Wettbewerben – 2016/17 waren lediglich sechs Spieler vertreten.

Neben diesen Erkenntnissen sollte man auch darauf verweisen, dass es einen massiven Anstieg bei den Toren gab, die dänische Spieler in den vergangenen Jahren erzielt haben. Dies deutet darauf hin, dass Vereine mehr Stürmer aus dem Land verpflichten. Schwedens Torerfolge waren durchweg gut, was teilweise am Können eines Zlatan Ibrahimoivic liegt, aber auch darauf hindeutet, dass Schweden über einen langen Zeitraum durchgehend talentierte Stürmer hervorgebracht hat.

Die Premier League

Schauen wir uns lediglich die Premier League an, fällt deutlich auf, dass die Gesamtzahl an Spielminuten für Spieler aus Schweden und Dänemark zwischen 2005 und 2009 massiv zurückging. Bei Dänemark gab es erst während des jüngsten Zyklus wieder einen Anstieg.

Bei Finnland gab es ebenfalls einen stetigen Rückgang – dies resultierte darin, dass in der Vorsaison kein einziger finnischer Spieler in der Premier League vertreten war. Die Gesamtzahl der Minuten norwegischer Spieler ist leicht zurückgegangen, während die Zahl der Spielminuten isländischer Spieler nach einem Rückgang im jüngsten Zyklus erkennbar angestiegen ist.

Die Bundesliga

In der Bundesliga gab es starke Schwankungen bei der Zahl nordischer Spieler. Gerade bei dänischen Spielern ging es von Zyklus zu Zyklus nach oben und unten. Die Anzahl norwegischer Spieler ging von 2005 bis 2009 nach oben, dann stabilisierte sich die Zahl. Bei der Anzahl der schwedischen Spieler gab es einen leichten Anstieg.

Trotz verbesserte Leistungen der Nationalmannschaft gab es kaum isländische Spieler in der höchsten deutschen Liga.

Die Eredivisie

Die nordische Region ist historisch ein wichtiger Verpflichtungsmarkt für holländische Vereine. Dies war auch in den vergangenen zwölf Jahren der Fall.

Die Anzahl der schwedischen Spieler in der höchsten niederländischen Liga stieg zwischen 2005 und 2013 drastisch an, bevor es im Vorjahr einen leichten Rückgang gab. Es gab zudem einen deutlichen Anstieg bei den Norwegern während des letzten Zyklus – von drei Spielern auf neun.

Andere wichtige europäische Ligen

Um das Bild abzurunden, haben wir uns auch die Veränderungen bei der Anzahl der nordischen Spieler in neun anderen wichtigen obersten europäischen Ligen angeschaut: Belgien, Schweiz, Österreich, Portugal, Türkei, Schottland, Griechenland, Russland und der Ukraine.

Beim Studium dieser Zahlen fallen drei Dinge auf. Zunächst einmal zeigt sich ein deutlicher Anstieg bei der Zahl der Antritte schwedischer Spieler zwischen jedem Zyklus. Es gab auch einen ähnlichen Sprung bei den dänischen Spielern, allerdings von einem niedrigeren Startpunkt aus.

Zweitens gab es einen deutlichen Rückgang bei der Zahl der Antritte norwegischer Spieler zwischen 2005 und 2009, allerdings verbessert sich diese Zahl langsam wieder.

Drittens zeigt sich ein rückgängiger Trend bei finnischen Spielern. Die Zahl der Antritte von Finnen in diesen Ligen geht stetig zurück.

Die wichtigsten Erkenntnisse

Unsere Nachforschungen haben eine Reihe interessanter Trends gezeigt, die möglicherweise Schlüsse wiedergeben, die bereits in Verpflichtungsabteilungen gezogen wurden – oder die existierende Auffassungen in Frage stellen.

Zunächst einmal gibt es keinen Zweifel, dass von diesen fünf Nationen Schweden das größte Volumen an Elitespielern hervorbringt. Schweden hat im Vergleich zu den anderen Ländern nicht nur die höchste Zahl einheimischer Spieler in der eigenen obersten Liga, das Land ist zudem weit stärker in anderen nordischen Ligen sowie in allen anderen höchsten europäischen Wettbewerben vertreten.

Aber auch wenn sich die Zahl schwedischer Spieler insgesamt erhöht hat, gibt es doch einen rapiden Rückgang seit der Mitte der 2000er Jahre bei der Zahl der Spieler in der englischen Premier League. Das gilt auch für die anderen nordischen Länder, allerdings war der Rückgang weit deutlicher für Schweden und Dänemark. Dies fiel zusammen mit Schwedens Fehlschlag, sich für zwei Weltmeisterschaften in Folge – 2010 und 2014 – zu qualifizieren.

Da wir von rückläufigen Trends reden: Es ist aus finnischer Perspektive alarmierend, dass es offenbar einen deutlichen Rückgang bei der Zahl der eigenen Spieler in den verschiedenen Ligen gibt – nicht nur im Ausland, sondern auch Zuhause.

Es gibt allerdings mehr finnische Spieler als früher in anderen nordischen Ligen, was sich auch für die anderen Länder in der Region sagen lässt. Es gibt keinen Zweifel, dass mehr Spieler als noch vor zwölf Jahren ins Ausland gehen, um in anderen nordischen Ländern zu spielen.

Was allerdings interessant ist, ist der erkennbare Anstieg bei der Zahl der norwegischen Spieler in ausländischen Ligen während des jüngsten Zyklus – das gilt für Antritte genauso wie für die Spielzeit. Auch wenn es Norwegen nicht geschafft hat, sich für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren, wird es interessant sein, ob dies eine verbesserte Form bei den Qualifikationsspielen für die Euro 2020, die Ende dieses Jahres beginnen, mit sich bringt.

Und zu guter Letzt: Die nordische Region bleibt eine wichtige Gegend, die Vereine aus England, Deutschland, Holland und anderen kleineren europäischen Ligen beobachten. Aber wir sehen auch einen leichten Anstieg bei der Anzahl der Spieler, die es nach Spanien und Italien zieht. Die Zahlen sind noch recht niedrig, aber in der Vorsaison konnten wir sieben schwedische Spieler in der Serie A und fünf dänische Spieler in der La Liga beobachten.

Werden wir angesichts der zuletzt steigenden Ausgaben italienischer und spanischer Vereine im Ausland bald mehr Spieler sehen, die aus nordischen Ländern in diese Ligen gehen? Das wird mit Sicherheit interessant zu beobachten sein, besonders wenn sich Dänemark, Schweden und Island in Russland in guter Form zeigen.

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